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Sachverhalt
Das beklagte Land hatte das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich gekündigt. Grund dafür war die von der Staatsanwaltschaft gegen den Kläger erhobene Anklage wegen Vornahme sexueller Handlungen an einem achtjährigen Mädchen. Der Kläger bestritt die Vorwürfe und verwies darauf, dass die Zeugin nicht glaubwürdig sei. Das ArbG hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Nachdem die Eröffnung des strafgerichtlichen Hauptverfahrens nach Einholung eines Gutachtens mangels Glaubwürdigkeit der einzigen Zeugin abgelehnt worden war, hat das LAG der Kündigungsschutzklage stattgegeben. BAG, Urteil vom 25.10.2012 – 2 AZR 700/11
Entscheidungsgründe
1. Die strafrechtliche Bewertung einer Pflichtverletzung, derer ein Arbeitnehmer verdächtig ist, ist für ihre kündigungsrechtliche Beurteilung nicht maßgebend. Entscheidend sind der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der damit verbundene Vertrauensbruch. 2. Der wegen eines dringenden Tatverdachts kündigende Arbeitgeber hat im Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen konkrete Tatsachen darzulegen, die als solche unmittelbar den Schluss zulassen, der Arbeitnehmer sei eines bestimmten, die Kündigung rechtfertigenden Verhaltens dringend verdächtig. Er darf sich zwar Ermittlungsergebnisse der Strafverfolgungsbehörden zu Eigen zu machen, muss diese aber im Arbeitsgerichtsprozess – zumindest durch Bezugnahme – als eigene Behauptungen vortragen. Es genügt nicht, anstelle von unmittelbar verdachtsbegründenden Tatsachen den Umstand vorzutragen, auch die Strafverfolgungsbehörden gingen von einem Tatverdacht aus.
Bewertung
Auch die Verdachtskündigung ist beim BAG weder in den ein oder anderen Sachverhalten, die es zu überprüfen galt, angekommen. Insoweit ist hervorzuheben, dass das Bundesarbeitsgericht in einer sehr interessanten Entscheidung ausdrücklich herausstellt, dass allein die strafrechtliche Bewertung einer Pflichtverletzung, der ein Arbeitnehmer verdächtig ist, für die kündigungsrechtliche Beurteilung nicht maßgeblich ist. Das heißt also, dass selbst staatsanwaltschaftliche Ermittlungen für sich betrachtet nicht ausreichen. Der Arbeitgeber muss also selber ermitteln und aufgrund einer objektiven Sachverhaltsaufklärung zu dem Schluss kommen, dass im Falle einer Verdachtskündigung ein „dringender Tatverdacht“ vorliegt.
07. September 2023 Arbeitsrecht, Insolvenzrecht
Versandhändler Klingel insolvent: Der Versandhändler Klingel bzw. die dahinterstehende K-Mail Order GmbH & Co. KG aus Pforzheim ist insolvent. Rund 1.300 Mitarbeiter sollen ihre Arbeitsplätze verlieren und sind teilweise schon gekündigt worden. Die Klingel-Gruppe aus Pforzheim meldete bereits im Mai 2023 ein Insolvenzverfahr
27. Juni 2023 Arbeitsrecht
Verfall von Urlaub aus gesundheitlichen Gründen - Bundesarbeitsgericht erhöht Belehrungspflichten des Arbeitgebers massiv und verlangt von ihm hellseherische Fähigkeiten! Der Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub aus einem Urlaubsjahr, in dem der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat, bevor er aus gesundheitlichen Grün
Die Erschütterung des Beweiswertes von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen während der Kündigungsfrist ist möglich. Mit seinem Urteil vom 02.05.2023 schiebt nun auch das LAG Schleswig-Holstein unter dem Aktenzeichen 2 Sa 203/22 einer vielfach von Arbeitnehmerseite aus gelebten Praxis einen Riegel vor. Es liegt damit auf der Linie des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom
17. Februar 2023 Arbeitsrecht
Eine Frau hat Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert nichts, wenn der männliche Kollege ein höheres Entgelt fordert und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgibt. So: BAG, Urteil vom 16. F
19. Januar 2023 Arbeitsrecht
Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 18.01.2023 (Az.: 5 AZR 108/22) klargestellt, dass Teilzeitbeschäftigte bei gleicher Qualifikation Anspruch auf denselben Stundenlohn wie Vollzeitbeschäftigte haben. Geklagt hatte ein Rettungsassistent, der sich die vom Arbeitgeber angebotenen Schichten selbst aussuchen konnte, was der A
07. Dezember 2022 Arbeitsrecht
Der Neunte Senat des BAG hatte in seiner Entscheidung vom 05.07.2022 darüber zu befinden, ob der/die Arbeitnehmer/-in (m/w/d) beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis in der zweiten Hälfte des laufenden Kalenderjahres, also nach dem 30.06., seinen/ihren vollen Jahresurlaubsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen und ge
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