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Die häufigsten Streitigkeiten im Erbscheinsverfahren haben ihre Ursache darin, dass die Wirksamkeit des Testaments wegen Testierunfähigkeit des Erblassers in Frage gestellt wird.
Zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung muss der Testator testierfähig sein. Gerade bei betagten Personen wird die Testierfähigkeit nicht selten berechtigterweise in Zweifel gezogen.
Im Erbscheinsverfahren wird in der Regel vom Gericht nur die formgerechte Errichtung der Verfügung von Todes wegen überprüft und ob sich den Verfügungen entnehmen lässt, dass der Testamentsersteller sich tatsächlich darüber bewusst war, dass er gerade ein Testament errichtet. Letzteres kann z.B. zweifelhaft sein, wenn in einem handschriftlichen Brief Vermögenszuweisungen erfolgen, die nach dem Tod gelten sollen. Auch solche Verfügungen können als Testament angesehen werden, obwohl es sich objektiv zunächst nur um einen Brief handelt.
Wer nach dem Tod einen Erbschein beantragt, muss nicht beweisen, dass zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung die testierende Person testierfähig war, d. h. geistig in der Lage war, einen freien, unbeeinflussten Willen zu bilden und sich der Bedeutung und Tragweite des Handelns bewusst war. Von Gesetzes wegen wir davon ausgegangen, dass jeder Mensch testierfähig ist, solange nicht seine Testierunfähigkeit nachgewiesen ist.
Dies führt in der Praxis dazu, dass derjenige, der die letztwillige Verfügung für unwirksam hält, Tatsachen vortragen und beweisen muss, aus denen sich ergibt, dass zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung eine Testierunfähigkeit bestand.
Ist durch ärztliche Atteste bzw. Diagnosen feststellbar, dass der Erblasser im Zeiträumen vor und nach der Testamentserrichtung testierunfähig war, spricht der Beweis des ersten Anscheins für Testierunfähigkeit auch im Zeitpunkt der Testamentserrichtung.
Gerade bei einer Demenzerkrankung sind jedoch auch lichte Augenblicke nicht selten, in denen der kranke Mensch geistig soweit auf der Höhe ist, dass er die wirtschaftlichen Auswirkungen seiner Verfügungen erkennt und diese auch ausdrücklich will.
Die Beweislast für einen solchen lichten Augenblick trägt dann jedoch derjenige, der sich auf das Testament berufen will. In der Praxis führt dies immer wieder zu Beweisschwierigkeiten. Es muss im gerichtlichen Verfahren nachträglich anhand der ärztlichen Berichte durch einen Sachverständigen festgestellt werden, ob Testierunfähigkeit bestand bzw. ob das Testament in einem sogenannten lichten Augenblick erstellt worden ist.
Schwierig ist dieser Beweis dann, wenn die zu Lebzeiten des Erblassers getroffenen ärztlichen Diagnosen nicht hinreichend genau sind bzw. Untersuchungen des Erblassers durch einen Arzt nicht im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Testamentserrichtung erfolgten.
Will man also in einem solchen Fall ein formwirksames Testament errichten, sollte daran gedacht werden, diese „lichte“ Periode zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung durch ein fachärztliches Attest, das im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang erstellt wird, zu dokumentieren.
Zwar erscheint auch die Errichtung eines notariellen Testamentes auf den ersten Blick als Alternative. Ein Notar ist jedoch kein Facharzt. Die üblicherweise vorzufindende Formulierung, dass das Testament vor dem Notar „nach Feststellung der Geschäftsfähigkeit“ durch den Notar errichtet wurde, lässt sich im Nachhinein zwar nur schwer entkräften. Ausgeschlossen ist dies jedoch nicht, zumal aus meiner Erfahrung kognitiv-eingeschränkte Menschen sich Mechanismen angeeignet haben, die fehlende geistige Klarheit zu überspielen. Ein fachärztliches Attest, dass die Geschäftsfähigkeit in Abrede stellt, entkräftet somit die im Testament getroffene Feststellung durch den Notar.
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